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Paneldiskussion auf der bidt Konferenz 2023 „Digital kommunizieren – Digitales kommunizieren“

Vom 11. bis 12. Oktober 2023 fand im Gasteig HP8 in München die jährliche bidt Konferenz des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt) unter dem Titel „Digital kommunizieren – Digitales kommunizieren“ statt.

Basis für die Konferenz waren folgende vier Thesen:

  1. Die Automatisierung digitaler Kommunikation wird kurzfristig über-, aber langfristig unterschätzt.
  2. Digitale Kommunikation sollte stärker reguliert werden, damit Meinungsfreiheit und freie partizipative Kultur im Netz nicht gefährdet werden.
  3. Die digitale Transformation der Arbeitswelt ist vor allem ein sozialer und kommunikativer und nur zweitrangig ein technischer Prozess.
  4. Der Worst Case dominiert die öffentliche Debatte über die Digitalisierung.

Begonnen hat die Konferenz am ersten Tag mit einer Anfangskeynote von Sascha Lobo (u.a. Podcaster und Internetunternehmer) mit dem Titel „Wie generativer KI die Welt verändert“. Neben weiteren Grußworten, Paneldiskussionen und Pitches zu den bidt-Forschungsprojekten fand am zweiten Tag eine Session zur Frage „Das Risiko im Risiko: Wie schaffen wir ein positives Digitalisierungsnarrativ?“ statt, welche von CDPS-Direktor sowie bidt-Direktoriumsmitglied Prof. Dr. Dirk Heckmann moderiert wurde.

Im Bild: Prof. Dr. Dirk Heckmann; Bildquelle: CDPS.

Die Panelisten waren Dr. Astrid Carolus (Medienpsychologin, Akademische Oberrätin, Universität Würzburg), Joanna Schmölz (Digitalstrategin, Freie und Hansestadt Hamburg, Senatskanzlei), Christine Völzow (Geschäftsführerin und Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik, Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw)) und Dr. Hendrik Wieduwilt (Rechtsanwalt, Publizist und Kommunikationsberater).

Begonnen hat diese Diskussionsrunde mit der Einleitungsfrage, ob tatsächlich der Worst Case die Debatte um die Digitalisierung dominiere, welche an Frau Dr. Carolus gerichtet war. Sie gab zu, dass dieses Narrativ durch Bedrohung und Angst geprägt sein kann. Aus Sicht der Verwaltung stellte Frau Schmölz sodann unterschiedliche bestehende Narrative dar. An einem Ende des Spektrums gebe es z.B. die Ansicht, dass die Technik alle Probleme lösen werde und am anderen Ende, dass es ausschließlich ein Risiko und eine Gefahr darstelle.

Frau Völzow erklärte, dass es aus der Perspektive der Wirtschaft unterschiedliche Erfahrungen gab. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw), zu deren Geschäftsführern Frau Völzow gehört, hat beispielsweise den sog. digitalen Reifegrad der digitalen Unternehmen erhoben. Nur ca. 1/4 der bayerischen Unternehmen habe eine fortgeschrittene Digitalisierung. Die Corona-Pandemie habe nur i.R.d. Videokonferenzen Fortschritte gebracht. Ansonsten (z.B. beim KI-Einsatz) sei kein nennenswerter Schub festgestellt worden. Die Wahrnehmung von Cyberrisiken steige immerhin: 40 % der Unternehmen sähen hier ein hohes Risiko – und ergriffen entsprechende Maßnahmen diesbezüglich; auch wenn über den Erfolg dieser Maßnahmen sich streiten ließe. Im Ganzen sei die Entwicklung der Digitalisierung bzw. die Grundhaltung hierzu jedoch grundsätzlich positiv. Als Hindernis in der Entwicklung der Digitalisierung werde vielmehr die Verwaltung gesehen.

Im Bild v.l.n.r.: Prof. Dr. Dirk Heckmann, Dr. Astrid Carolus (Universität Würzburg), Joanna Schmölz (Freie und Hansestadt Hamburg, Senatskanzlei), Christine Völzow (Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V.), Dr. Hendrik Wieduwilt (RA, Publizist und Kommunikationsberater); Bildquelle: CDPS.

Herr Dr. Wieduwilt zeichnete hingegen das Bild eines eher pessimistisch geprägten Narratives rund um das Thema Digitalisierung. Als Gründe hierfür führte er die mediale Berichterstattung, welche vornehmlich von Bedenken hinsichtlich technologischen Fortschritts bzw. Digitalisierung angeführt wird, und die sog. „German Angst“ an. Hier zog er Parallelen zur Einstellung der Deutschen hinsichtlich des Schutzes ihrer Daten. Auf Nachfrage am Ende der Diskussionsrunde gab er an, dass die Annahme des Phänomens der „German Angst“ sich überwiegend aus seinen persönlichen Erfahrungen speise.

Frau Schmölz gab an, dass Datenstrategen wie sie versuchen, so optimistisch wie nur möglich zu sein. Am Anfang der Strategie stünde immer die Frage, welches Problem durch die Digitalisierung überhaupt versucht wird zu lösen. Daneben spiele das Empfinden der betroffenen Personen eine Rolle. Wird das (vermeintlich) zu lösende Problem von diesen wirklich als „Problem“ empfunden? Die Verwaltung gehe kleine Schritte, aber es gehe voran und es solle ein Wechsel von Bedenken zu Lösungsorientiertheit erfolgen.

Daran anknüpfend gab Frau Völzow an, dass für die Unternehmen Rechtsunklarheit, insbesondere im Bereich des Datenschutzes, oft als Hemmnis für die Digitalisierung wirke. In einer Umfragen gaben 80 % der befragten (bayerischen) Unternehmen an, dass sie weniger Daten – auch Sachdaten – nutzten, weil sie schon Angst hätten, dass es überhaupt das Datenschutz betreffen könnte.

Aus Sicht der Psychologie gab Frau Dr. Carolus an, dass die menschliche Natur durch Risikovermeidung geprägt sei. Es gebe besondere Persönlichkeitsstrukturen die auf Risikovermeidung ausgelegt seien. Hinzu kommt, dass der Mensch nicht immer rational handle. An dieser Stelle ergänzte Herr Dr. Wieduwilt, dass es v.a. andere Themen, wie z.B. Wohnen, Geld, Arbeit und Sicherheit, seien, die nahe am Menschen und am Ende auch am Wähler sind und mit denen man etwa Wahlen gewinnt. Digitalisierung sei in dieser Hinsicht nur ein Nebenfaktor zu diesen Themen, aber nicht ein eigenes Hauptthema.

Laut Frau Schmölz sei es bei dem Digitalisierungsprozess innerhalb der Verwaltung besonders wichtig, dass alle betroffenen Personen, die am Ende diesen Prozess umsetzen müssen, d.h. auch die Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen, an der Schaffung dieses Prozesses beteiligt sind. Das betrifft nicht nur das „Wie“ der Digitalisierung, sondern auch das „Ob“. Wenig zielführend sei es, bei der Prozesserstellung nur externe Berater und Beraterinnen zu involvieren, die zwar gute Digitalisierungsprozesse vorschlügen, aber letztlich nicht die Personen sind, die sie umsetzen.

Nach der persönlichen Abschlussfrage von Prof. Heckmann an die Panelisten, welche Risiken sie bereit wären in Kauf zu nehmen, um die Digitalisierung voranzubringen, wurde die Diskussionsrunde beendet.

Beendet wurde die diesjährige bidt Konferenz mit der einprägsamen Abschlusskeynote von Valerie Mocker (Wingwomen) zum Thema „Mehr Mut: Wie wir eine positive digitale Zukunft bauen“. Darin erklärte sie, auch anhand persönlicher Erfahrungen, worin wir als Menschen und Gesellschaft Mut fassen müssen, um Fortschritte (in der Digitalisierung) zu erreichen.


Hier geht es zum bidt-Nachbericht.

Hier geht es zur vom bidt zusammengestellten Songplaylist „The Sound of … bidt Konferenz 2023.