Am 25. und 26. November fand die 3. (Wegweiser) Denkfabrik Digital Justice Summit | 2024 in Berlin unter dem Motto „Deutschlands Justiz gemeinsam moderner machen!“ statt. CDPS-Direktor Prof. Dr. Dirk Heckmann eröffnete das Panel „Rechtssetzung der Zukunft: Das Projekt „Zentrum für Legistik“ und die neuen Potentiale der KI“ mit seinem Impulsvortrag „Legislative Co-Creation“ – KI-basiertes Gesetzgebungsverfahren im Spiegel des Verfassungsrechts“.
Der Impuls beleuchtete die Frage „Rolle der KI“ im demokratisch rechtsstaatlichen Gesetzgebungsverfahren an vier möglichen Einsatzszenarien – KI als Entwurfsassistenz, KI als Kontrollassistenz, algorithmische Abbildung von Normen, (Teil-/Voll-) Automatisierung. Dabei wurden die weiten verfassungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und (derzeitigen) Grenzen, entlang des demokratisch rechtsstaatlichen Gesetzgebungsverfahren dargestellt.
Aus rechtsstaatlicher Perspektive sei bei Gewährleistung einer qualitätsorientierten menschlichen Kontrolle und der Entscheidungshoheit, ein weites Einsatzfeld von KI als Entwurfsassistenz bzw. Kontrollassistenz denkbar. Dieser unterstützende Einsatz von KI stelle keinen (evidenten) Verstoß gegen die demokratische Legitimation dar. Durch die erzielte Qualitätsverbesserung erleichtere ihr Einsatz sogar die Rechtsanwendung und Rechtsschutz. Die algorithmische Abbildung von Normen könne die höhere Bestimmtheit und Digitaltauglichkeit von Gesetzen gewährleisten. Diese sei aber nur bei Anpassung von Art. 82 Abs. 1 GG realisierbar. Schließlich könnten Teilprozesse durch den Einsatz von KI automatisiert und das Gesetzgebungsverfahren dadurch insgesamt beschleunigt werde, wie etwa die Prüfung von Folgeanpassungen und -änderungen. Dagegen sei eine Vollautomatisierung mit und der Entscheidungshoheit des Parlaments nicht vereinbar.
Bei den Betrachtungen gelte stets das Postulat, dass gesetzgeberische Entscheidungen das Ergebnis parlamentarischer Debatten und das abwägende Ringen der demokratisch legitimierten Volksvertreter um ausgewogene Lösungen getroffen werden.1
Der Impuls warf abschließend die folgenden fünf Thesen zu „besserem Recht“ durch optimierende Co-Creation auf:
- KI als „Entwurfsassistenz“ hat demokratiestärkende Wirkung, wenn dadurch eine breitere empirische Basis für Gesetzesinitiativen besteht (wichtig: Datenqualität)
- KI als „Kontrollassistenz“ schafft Rechtssicherheit und -klarheit
- KI-Einsatz in der Gesetzgebung fördert insgesamt den demokratischen Rechtsstaat
- Verfassungsrechtliche Grenze nur bei Verlust der Entscheidungshoheit, Vorwurf einer willkürlichen „inhaltlichen Beeinflussung“ kann entkräftet werden
- Algorithmische Abbildung von Normen als Code trägt zur Normqualität bei, insoweit aber Verfassungsänderung erforderlich (plus gesetzliche Anforderungen zur Gewährleistung von technischer und methodischer Qualität)
Weitere Informationen zum 3. Digital Justice Summit | 2024: https://www.digital-justice.de/de
- Martini/ Ruschemeier in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Handbuch Multimedia-Recht, 62. EL Juni 2024, Rn. 68. ↩︎