Das TUM Center for Digital Public Services hat das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst federführend bei der Schaffung einer Rechtsgrundlage beraten.
Aufgrund der Corona-Pandemie befanden sich die bayerischen Hochschulen in einer Dilemmasituation: Die vorgesehenen Präsenzprüfungen konnten aufgrund der geltenden Hygiene- und Abstandsregelungen nicht wie geplant stattfinden und zahlreiche Studierenden war die Einreise nach Deutschland aufgrund der geltenden Einreise- und Quarantänebestimmungen nicht möglich, für alternative elektronische Fernprüfungen fehlte indes die datenschutzrechtlich notwendige Rechtsgrundlage. Und auch ein Verschieben der Prüfungen auf eines der kommenden Semester kam aufgrund des bestehenden Prüfungsanspruchs der Prüflinge nicht in Betracht.
Damit das Sommersemester 2020 nicht zu einem „Null-Semester“ werden würde, sollte eine entsprechende Rechtsgrundlage für elektronische Fernprüfungen, also solche, die ohne einen vorgegebenen Ort aber unter Aufsicht geschrieben werden können, geschaffen werden.
Die Verordnung zur Erprobung elektronischer Fernprüfungen an den Hochschulen in Bayern (BayFEV) regelt nun rückwirkend zum Semesterstart am 20. April 2020 den Einsatz elektronischer Fernprüfungen. Hierbei galt es Datenschutzrecht, Prüfungsrecht und Gesundheitsschutz bestmöglich in Einklang zu bringen, die Rechte und Interessen von Prüflingen und Hochschulen sowie der Prüferinnen und Prüfer zu berücksichtigen.
Als erstes Bundesland schafft Bayern damit eine rechtliche Grundlage und macht Vorgaben für das Durchführen von elektronischen Fernprüfungen. Was genau elektronische Fernprüfungen sind, welche Formate davon erfasst oder auch nicht erfasst sind, ist dabei einer der entscheidenden Regelungsaspekte. Denn bei einer Vielzahl von Prüfungsformaten kommt es zwar zum Einsatz digitaler Medien, dies macht sie indes nicht automatische auch zu elektronischen Fernprüfungen im Sinne der Verordnung. Während beispielsweise für Haus- oder Seminararbeiten, die auch zu Hause angefertigt werden und anschließend digital übermittelt werden, das bereits geltende Recht ausreicht, ist dies z.B. bei elektronischen Fernklausuren nicht der Fall. Letztere zeichnen sich dadurch aus, dass sie außerhalb der Uni, d.h. an einem nicht vorgegebenen Ort, abgelegt werden, die Prüflinge jedoch mittels Webcam und Mikrofon beaufsichtigt werden. Auch mündliche und praktische Prüfungen könne mittels Videokonferenz so als elektronische Fernprüfung durchgeführt werden.
Weiter normiert die BayFEV die datenschutzrechtlichen Vorgaben: Zentrale Punkte sind hierbei die Pflicht eine termingleiche Präsenzprüfung anzubieten, das Wahlrecht für Studierende sowie das Verbot von Aufzeichnungen oder weitergehender Überwachung wie z.B. Raumscanns. Da durch die BayFEV keine weiteren als durch das geltende Datenschutz- und Prüfungsrecht bestehenden Pflichten normiert werden, war es durch die Rückwirkung möglich bereits durchgeführte Prüfungen zu legitimieren.
Neben den Prüfungen in Pandemiezeiten sollen elektronische Fernprüfungen in den kommenden vier Jahren auch als neue Prüfungsform erprobt werden.
Das TUM CDPS unterstütze und begleitete das Ministerium in Abstimmung mit weiteren Experten, u.a. dem Landesbeauftragten für den Datenschutz, maßgeblich bei der Entwicklung der Verordnung.
Zusammen mit Wissenschaftsminister Sibler stellte Prof. Dr. Heckmann die BayFEV auf einer Pressekonferenz am 21.09.2020 in München vor.
- Normtext der Bayerischen Fernprüfungserprobungsverordnung (BayFEV) mit Verordnungsbegründung
- Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst
- Pressekonferenz vom 21.09.2020 zum Abruf auf YouTube